Meine erste Integration war genau genommen gar keine. Ich hatte
von meinem Sohn und seiner Verlobten drei 5 Wochen alte Rattenbabys zum Geburtstag
geschenkt bekommen. Denn unsere zuletzt übrig gebliebene Ratte Rocky war
kurz vorher gestorben und mir fehlten einfach die Knusper- und Klettergeräusche.
Es war so still im Zimmer.
Die drei zogen also an einem Donnerstagnachmittag in den frisch
hergerichteten Käfig unserer ehemaligen Rattis als Überraschung für
mich ein. Sie waren so süß. aber noch ziemlich scheu, obwohl sie
aus privater Hand stammten. Aber alle sahen sich ziemlich ähnlich, agouti/hooded.
Nur an der etwas abweichenden Rückenzeichnung konnte man sie unterscheiden,
was anfangs ziemlich schwierig war. Ich nannte die kräftigste Biene, weil
sie gegen die anderen wie ein dicker Brummer wirkte, die zweite Pünktchen,
weil sie auf dem Rücken zwei kleine Punkte hatte, und die dritte Sina,
weil ich diesen Namen einfach schön fand.
Zwei
Tage später machte ich mich auf den Weg in den nächsten Zooladen um
neues Futter und die beliebten Joghurt-Drops zu kaufen. Rattenbabys fressen
einem ja die Haare vom Kopf. Und da entdeckte ich S I E. Ein wunderhübsches
agoutifarbenes Rattenmädchen. Sie war schon ca. 4 Monate alt und schaute
verschüchtert aus ihrem Häuschen heraus. Der Verkäufer erzählte
mir, daß sie als einzige übrig geblieben ist, alle ihre Geschwister
waren längst verkauft worden, aber zur Zeit frage niemand mehr nach Ratten.
Ich suchte mir mein Zeugs zusammen, mußte jedoch immer wieder
zum kleinen Käfig schielen. Und dabei schossen mir diese Gedanken durch
den Kopf: Das arme Tierchen, es muß da ganz allein in solch einem kleinen
Käfig hocken. Wer weiß wie lange noch? Kann nicht Klettern und Rennen,
hat niemanden zum Kuscheln, Putzen usw. Und wenn sich doch noch jemand findet,
der sie mit nach Hause nimmt, wird sie bestimmt ihr Leben als Einzelratte verbringen
müssen!
Das konnte ich auf keinen Fall zulassen! Da blieb mir nichts anderes
übrig, als zu handeln. Ich hörte mich sagen: "Kann ich sie mal
in die Hand nehmen?" - Und dann war es besiegelt. Ich ließ die Kleine
in meinen Ärmel laufen, bezahlte, und ging aufgeregt nach Hause. Unterwegs
sprach ich leise beruhigend auf meine Josiane ein, damit sie sich nicht allzu
sehr vor den unbekannten Geräuschen und Düften ängstigen sollte.
Zu Haus angekommen, kam Josi nach einer Weile neugierig aus dem
Pulli herausgekrabbelt. Ich ließ ihr ein wenig Zeit, sich an die neue
Umgebung zu gewöhnen. Dann nahm ich zunächst ein Baby aus dem Käfig
und setzte es mir auf die Brust. Gegenseitiges Beschnuppern folgte. Dann holte
ich Baby Nummer 2 und drei ebenfalls dazu. Alle flitzten auf mir umher, rein
in den Pulliärmel, am Halsausschnitt wieder heraus. Das ging ja wunderbar.
Nun folgte Stufe 2 der Zusammenführung. Da die Babys ja noch klein waren
und bis dahin nur 2 Tage im neuen Käfig verbracht hatten, war eine Revierverteidigung
von dieser Seite nicht zu erwarten. Also ließ ich Josi einfach zu den
Kleinen mit in den Käfig hineinhüpfen.
Was
war das für eine Freude. Ich konnte Josiane richtig ansehen, daß
sie überglücklich war, endlich wieder rattige Kumpel und dazu noch
viel Platz zum Rennen, Klettern, und Toben vorzufinden. Und auch die Kleinen
waren begeistert, eine Ersatzmama gefunden zu haben. Sie folgten Josi von nun
an wie die Kletten. Josi war selbstverständlich bis zum Schluß "der
Boß" in dieser Gemeinschaft. Keine von den anderen hat das je in
Zweifel gestellt. Und was soll ich sagen? Ich hatte natürlich alle vier
sehr lieb, aber zu Josiane hatte ich doch ein ganz besonderes Verhältnis.
Manche verurteilen ja den Kauf von Ratten aus Tierhandlungen.
Man kann darüber denken wie man will, ich jedenfalls habe es bis zum Schluß
als richtig empfunden, dieses kleine liebevolle Wesen mitgenommen zu haben.
Ich habe ihr ein glückliches Rattenleben ermöglicht und sie hat mir
dafür so viel Freude und schöne Erinnerungen geschenkt.
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